Regie im Amateurtheater (Teil 1)

Franz Eggsteins Kommentar

Franz Eggstein hat mit Schüler:innen ein Interview über die Regie im Amateurtheater geführt. In diesem Beitrag lest ihr den ersten Teil über die Suche nach Schauspieler*innen und die Suche nach dem passenden Stück.

Was hat dich dazu bewegt Regisseur zu sein?

Es gibt dafür vor allem zwei Hauptgründe: Einmal ist es die Arbeit mit dem Text. Es macht mir Freude, mich mit einem Text, der mich interessiert, auseinanderzusetzen und eine Interpretation zu finden, die in sich schlüssig ist. Der große britische Theatermann Peter Brook sagte einmal:

„Wenn man will, dass der Text zu einem spricht, muss man den darin liegenden Ton beschwören. Das verlangt viele überlegte Handlungen und das Ergebnis kann dann sehr einfach sein“

Den Ton eines Stückes zu treffen, diesen Ton durch das Spiel der Schauspieler:innen auf der Bühne hörbar, lebendig werden zu lassen, ist eine große Motivation für mich. Durch die Interpretation macht man eine Aussage und die Aussage ist die Sicht, die die Regie auf das Stück hat. Diese Sichtweise sollte sich dem Publikum vermitteln.

Franz Eggstein bei der Regie im Amateurtheater.
Franz Eggstein führt seit über 22 Jahren Regie im Amateurtheater.

Regie im Amateurtheater ist gegenseitiges Nehmen und Geben

Zweitens ist es die Arbeit mit den Schauspielern:innen. Theater zu machen ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen aller Beteiligten bei einem Projekt, denn Theater ist eine Kollektivkunst. Regisseur:innen müssen sich auf die Schauspieler:innen einlassen, sie müssen sie dazu führen, das Beste aus sich herauszuholen um ihre Rolle „wahrhaftig“ spielen zu können. Die Regie soll ihre Schwierigkeiten bei der Rollengestaltung erkennen, ihnen helfen, wenn es notwendig ist und sie immer wieder auf den „Roten Faden“, dass heißt, auf die Dramaturgie des Stückes hinweisen. Sie müssen im Auge behalten, was das Stück aussagen soll, wohin die Handlung führt. Dabei haben die Schauspieler:innen große Freiheiten bei der Rollengestaltung, sofern sie den vorgegebenen Rahmen nicht verlassen. Kurz zusammengefasst: Es gehört zu den Aufgaben von Regisseur:innen Menschen führen zu können, ihnen ein gemeinsames Ziel zu geben und alles zu tun, dass dieses Ziel – die Aufführung – in einem produktiven Prozess aller Beteiligter erreicht wird.

Die Arbeit mit Student:innen im Theaterseminar

Wie findest du die Schauspieler:innen für deine Stücke?

Auf unterschiedlichste Weise, je nachdem was für eine Art von Theater ich mache. Erstens bin ich Leiter des Universitätstheaters von TIC an der Uni Bremen. Wir haben eine Lehrveranstaltung mit dem Titel „Theaterproduktion“. Dieses Theaterseminar ist eine offene Veranstaltung. Alle Student:innen, die Interesse an Theater haben, können an dieser Veranstaltung teilnehmen. Egal welche Vorkenntnisse die Teilnehmenden besitzen, ob sie bereits Theater gespielt haben oder sich zum ersten mal auf einer Bühne ausprobieren wollen. Jede Produktion geht über zwei Semester. Im ersten Semester qualifizieren wir die Teilnehmer:innen durch spezielle Theaterübungen und Improvisationen. Im zweiten Semester inszenieren wir ein Stück. Mein Kollege und ich können aufgrund der Qualifizierung sehen und beurteilen, über welche theatralischen Fähigkeiten die Teilnehmer:innen verfügen. Entsprechend ihren Fähigkeiten besetzen wir dann die Rollen. Dabei ist selten ein Casting notwendig, nur, wenn zum Beispiel zwei ähnlich begabte Teilnehmer:innen unbedingt die gleiche Rolle spielen wollen.

Projekte mit begabten Amateurschauspieler:innen

Anspruchsvollere Projekte realisieren wir mit überdurchschnittlich begabten Amateurschauspielern:innen. Die Teilnehmer:innen werden von mir ausgesucht. Konkret heißt das, dass ich Schauspieler:innen verpflichte, die ich zum Beispiel bereits aus den Uni- Projekten kenne und von denen ich weiß, dass sie überdurchschnittlich theatralisch begabt sind und entsprechend gut spielen können.

Projekte an anderen Unis, beispielsweise an der Uni Hamburg, die nicht im Lehrplan der Universität angeboten werden, sondern auf freiwilliger Basis stattfinden. Bei diesen Projekten biete ich ein Stück mit einer bestimmten Anzahl von Rollen an und dann werden die Schauspieler:innen über ein Casting ausgesucht.

Die Entwicklung von Spielfassungen

Bearbeitest du die Stücke alleine?

Auch hier muss man differenzieren. In der Regel suche ich die Stücke aus, die wir spielen wollen. Unter anderem schaue ich regelmäßig danach, welche neuen Stücke auf dem Markt sind, die fürs Amateurtheater in Frage kommen. Bei klassischen Stücken schreibe ich eine Spielfassung, die wir dann bei der Inszenierung verwenden. Wenn die Inszenierungsidee es vorsieht, suche ich Fremdtext heraus, der verwendet werden soll.
Manchmal gründet sich eine Dramaturgiegruppe aus den Teilnehmer:innen der Uni-Seminare, mit denen ich dann die Stücke dramaturgisch bearbeite. Oder bei den Projekten mit begabten Teilnehmer:innen gründet sich vorab eine Gruppe, die gemeinsam eine Spielfassung erarbeitet. Das ist allerdings eher die Ausnahme. In der Regel bearbeite ich die Stücke alleine.


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